Colloquium in memoriam Rudolf Thurneysen 2024
Nachdem die für August 2020 geplante Tagung zu Ehren Rudolf Thurneysens coronabedingt verschoben werden musste, konnte sie nun endlich vom 29. bis 31. August 2024 nachgeholt werden. Trotz der vierjährigen Verzögerung konnten viele der Vortragenden, die für 2020 zugesagt hatten, auch 2024 teilnehmen. Insgesamt haben rund 20 Personen vor knapp 35 Teilnehmenden Vorträge zu Thurneysens Leben, Werk und Forschungsgebieten gehalten.
Das Thurneysen-Colloquium begann am Donnerstagnachmittag mit einer Ansprache von Prof. Dr. Marion Gymnich als Vertreterin des Dekanats der Philosophischen Fakultät und des IAAK, einem Willkommensgruß von Jun.-Prof. Dr. Elena Parina und – was uns besonders freute – einer kurzen Rede von Herrn Christopher John, einem Urenkel Thurneysens, der einige Anekdoten mit dem Publikum teilte. Die beiden Keynotes stimmten die Teilnehmenden auf die kommenden Tage ein. Während Gisbert Hemprich mit seinem Vortrag „Von Basel nach Bonn: Rudolf Thurneysen – ein Gelehrtenleben“ einen Überblick über die Biographie Thurneysens bot, ging David Stifter in seinem Vortrag „Where do we go from here?“ der Frage nach, ob Thurneysens einflussreiches Handbuch des Alt-Irischen (Erstausgabe 1909) in der Sprachwissenschaft des 21. Jahrhunderts noch relevant ist.
Zum Auftakt der Veranstaltung sowie dem anschließenden Empfang erschienen rund 60 Gäste, die von einem tatkräftigen Team von Studentischen Hilfskräften betreut wurden. Die Tagungseröffnung wurde musikalisch von der Bonner Violinistin Sabrina Palm begleitet, die die Anwesenden mit traditionellen irischen Melodien unterhielt.
Der Freitagmorgen begann um 9.30 Uhr mit einem Vortrag von Stefan Zimmer, dem vormaligen Professor für Vergleichende Indogermanische Sprachwissenschaft und Keltologie in Bonn, über „Esunertos, ein Brite in Gallien“. Es folgten zunächst weitere Vorträge zu Sprachzeugnissen aus der Antike, während sich der Fokus danach auf literaturwissenschaftliche Themen richtete. Der akademische Teil des Freitags schloss mit einem humorvollen Beitrag über den „Geisterklub“ an der Universität Bonn, den Thurneysen selbst nach Freiburger Vorbild ins Leben gerufen hatte, sowie einem Vortrag über Thurneysens irischen Schülerkreis, der deutlich machte, wie viel das Fach Keltologie seinem Wirken als Lehrer verdankt. Der Tag klang mit einem gemeinsamen Abendessen im Traditionsgasthaus „Im Stiefel“ aus. Der letzte Tag der Tagung war linguistischen Themen gewidmet.
Ergänzend zum Vortragsprogramm hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, die temporäre Ausstellung zu Rudolf Thurneysen, die neben Fotografien von Thurneysen und seiner Familie auch einige Dokumente, darunter Bücher, Briefe, akademische Zeitschriften und Notizen enthielt, in der Bibliothek zu besuchen. Die Ausstellung wurde von Gisbert Hemprich und Brian Ó Catháin eigens für die Tagung zusammengestellt und während der Veranstaltung betreut.
Den krönenden Abschluss bildete eine Feierstunde am Samstagnachmittag am Grab Rudolf Thurneysens auf dem Poppelsdorfer Friedhof. Dieses war 2019 zufällig von Tim Hundenborn, einem damaligen Keltologiestudenten, wiederentdeckt worden. Bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen versammelten sich rund 30 Personen am Grab und lauschten der Rede Pádraig Ó Riains, des ehemaligen Professors für Alt- und Mittelirisch in Cork, die nicht nur Thurneysen ehrte, sondern auch viele sehr persönliche Anekdoten aus seiner eigenen Zeit als Student in Bonn enthielt. Moderiert wurde der Nachmittag von Gisbert Hemprich und Brian Ó Catháin. Ein Höhepunkt war ein Ausschnitt des Gedichts Cid dia ndálait na daíni (‚Was ist der Anlass, dass die Menschen sich versammeln‘), das 1929 anlässlich von Thurneysens 72. Geburtstag von Osborn Bergin verfasst worden war und nun von Mícheál Ó Flaithearta in mittelirischer Aussprache vorgetragen wurde. Die Strophen waren in den vergangenen Tagen mit Hilfe von Mícheál Ó Flaithearta, Brian Ó Catháin, David Stifter, Máire Ní Mhaonaigh, Peter Smith und vielen weiteren Tagungs-Teilnehmenden übersetzt worden – bis zu diesem Zeitpunkt existierte keine Übersetzung des Texts. Eine Zeile der neunten Strophe dieses Gedichts – „Bile ós chrannaib cláir Banba“ (‚Ein heiliger Baum über den Bäumen von Banbas Ebene‘) – wurde auch auf die Schleife des Kranzes gedruckt, der anschließend feierlich am Grab niedergelegt wurde.
Die Ansprachen am Grab und die folgende Niederlegung des Kranzes wurden von Diarmuid Johnson, der kurzfristig für die verhinderte Harfenistin aus Brüssel anreiste, auf Tin Whistle und Irish Flute begleitet. Die Melodien verliehen dem Nachmittag eine würdevolle Atmosphäre, durch die das Ereignis den Teilnehmenden sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Jasper Kaufhold und Elisabeth Brendes